Der Mauersegler

Lange Strecken sind kein Problem

Kaum ein anderer Vogel ist von seinem Körperbau und den Proportionen so sehr an ein Leben in der Luft angepasst. Der ausgesprochene Vielflieger und Langstreckenzieher kann bis zu 190.000 Flugkilometer im Jahr zurücklegen, denn nicht nur die Jagd, sondern auch Paarung und sogar Schlaf spielen sich beim Mauersegler größtenteils in der Luft ab. Nicht selten kann man die Vögel an warmen Sommertagen bei ihren rasanten, turbulenten Flugspielen beobachten, wie sie spektakulär zwischen den Häuserzeilen umherfliegen. Teils segelnd, teils kräftig mit den Flügeln schlagend.

Wie bei keinem anderen heimischen Zugvogel ist die Ankunft des Mauerseglers in jedem Jahr Zeichen dafür, dass der Sommer naht, da bei seiner Ankunft Ende April, Anfang Mai die kühlen Tage weniger werden und die Sonne allmählich die Überhand gewinnt. Dabei kreisen Mauersegler bei Ihrer Ankunft zahlreich über den Dächern der Städte, um dann ihre meist langjährigen und in Dauerehe geführten Brutplätze wieder in Beschlag zu nehmen. Als problematisch ist sicherlich die zunehmende Sanierung von Wohngebäuden und die damit verbundene Vernichtung von Nistmöglichkeiten im Siedlungsraum sowie die Errichtung von Neubauten ohne entsprechende Nistmöglichkeiten anzusehen. Auf lange Sicht hin bleibt da für den Mauersegler nur der Rückzug aus den alten Brutgebieten.

Gleiches Problem gilt übrigens für den Haussperling und sicherlich auch für viele andere Vogelarten des menschlichen Siedlungsraumes. Daher steht die diesjährige Wahl zum Vogel des Jahres auch wieder ganz im Zeichen der vom NABU ins Leben gerufenen Kampagne "Nachbar Natur - Ökologische Konzepte für Städte und Dörfer".

Merkmale

Große Flügel, kleine Füße

Der Mauersegler besitzt eine Flügelspannweite von etwa 42-48 cm, wobei die Flügel sichelförmig ausgeprägt sind, sowie einen kurzen, gegabelten Schwanz. Vom Schnabel bis zur Schwanzspitze misst der Mauersegler 16-17 cm, bis zu den angelegten Flügelspitzen sogar mehr als 21 cm. In seinem äußeren Erscheinungsbild und aus großer Entfernung betrachtet wirkt er eher schlicht und eintönig schwarz. Näher betrachtet ist das Gefieder aber dunkelbraun bis rußschwarz. Deutlich zu sehen ist dann auch der etwas hellere Kehlfleck. Die Färbung des Gefieders ist bei Männchen und Weibchen gleich. Jungvögel sind zunächst noch ein wenig dunkler gefärbt, besitzen einen helleren Kehlfleck als ihre Eltern und haben eine geschuppte Stirn. Auch das übrige Gefieder weist hellere Federränder auf. Der Schnabel und die verkümmerten Füße sind schwarz, die Iris schwarzbraun.

Die kleinen Füße eignen sich nicht für längeres Verweilen in der Horizontalen. Daher bevorzugen Mauersegler auch höher gelegene Niststandorte, wo sie sich an Wänden und anderen senkrechten Flächen festklammern können. Das Gewicht während Brutzeit schwankt zwischen 43 und 52 Gramm, geschlüpfte Jungvögel wiegen gerade einmal 4 Gramm!

Lebensraum

Nur ein kurzes Gastspiel

Ursprünglich ein reiner Fels- und Baumbrüter, findet man den Mauersegler heute bis auf wenige Ausnahmen nur noch im menschlichen Siedlungsraum. Bevorzugt werden dabei in erster Linie Mauerspalten an Gebäuden wie Fabriken, Bauernhöfen aber auch ausgesprochene Wohnsiedlungen, wenn sich nur ein geeigneter Nistplatz findet. Die Höhe der Gebäude spielt dabei insofern eine Rolle, dass höhere Gebäude bevorzugt ausgewählt werden. Gerade hier findet der Mauersegler die besten Start- und Landemöglichkeiten. Vorwiegend werden Brutplätze in einer Höhe von unter 1000 Metern, oftmals auch kolonieartig, angelegt. Höhere Standorte sind aber durchaus keine Seltenheit, wie der höchst gelegene und bekannt gewordene Nistplatz in den Alpen (2260 Meter) beweist.

Auf seinen jährlichen Herbstzügen in die Überwinterungsgebiete nimmt der Mauersegler weite Strecken auf sich, bis hin zu 10.000 km. Er überwintert südlich der Sahara und kehrt Ende April, Anfang/Mitte Mai wieder in die Brutgebiete zurück. Mit Beendigung des Brutgeschäftes beginnt Ende Juli der Wegzug, wobei sich der Hauptzug bis Ende August vollzieht. Bei Nachgelegen kann der Wegzug sich auch verzögern und findet dann auch erst im September statt.

Nahrung

Hoch hinaus

Die Nahrung findet der Mauersegler zumeist im Flug. Es handelt sich dabei meist um Insekten und Spinnen, die er gekonnt im Flug mit weit aufgesperrtem Schnabel fängt und in Form eines Nahrungsballens in seinem Rachen (Kehlsack) sammelt. Das Nahrungsspektrum reicht dabei von Wespen über Käfer bis hin zu Ameisen. Die Jagdhöhe ist dabei völlig unterschiedlich, liegt aber zumeist bei guter Witterung in einer Höhe bis zu 3000 Metern. Auch die notwendige Wasseraufnahme geschieht aus der Luft.

Nest

Liebend gerne an Gebäuden

Mauerseglerbrut
Mauerseglerbrut

Mauersegler sind Höhlenbrüter bzw. Felsbrüter und bevorzugen im Siedlungs-bereich Nischen oder ähnliches an Gebäuden. äußerst selten brüten sie auch in Bäumen, nehmen aber bereitwillig bei fehlenden Nistmöglichkeiten auch spezielle Nistkästen an. Wichtig ist der freie An- und Abflug, daher werden hohe Gebäude als Niststandort bevorzugt. Das Nest besteht aus Halmen, Blättern, Haaren, Federn etc. und wird zu einem flachen Napf geformt. Die einzelnen Materialien werden durch Zusetzen von Speichel "verkittet". Das Nest macht im Gegensatz zu dem der Schwalben keinen Schmutz, da der Kot der Nestlinge an einem anderen Ort durch die Eltern "entsorgt" wird. Das Nest kann mehrmals benutzt werden und wird von beiden Eltern in knapp 11 Tagen errichtet. Es kommt auch vor, dass Nester anderer Vögel für die Brut herangezogen werden.

Fortpflanzung und Brutverhalten

Bei Nahrungsmangel wird gehungert

Sofort nach der Rückkehr aus den Überwinterungsgebieten beginnen die Pärchen mit den Balzflügen. Die Kopulation findet im Flug oder seltener im Nest statt. Signalisiert wird die Bereitschaft des Weibchens durch V-Stellung der Flügel. Die erwachsenen Elterntiere führen oftmals eine lebenslange Ehe und belegen den ihnen jahrelang angestammten Brutplatz. Die Brutzeit selbst dauert von Mitte Mai bis Ende Juli. üblich ist eine Jahresbrut mit einer Brutdauer zwischen 18 und 25 Tagen je nach Witterung. Bei Gelegeverlust ist eine Nachbrut möglich. 41 Tage dauert es schließlich im Durchschnitt bis zum Flüggewerden der Jungen, bei guten klimatischen Verhältnissen mit 37 Tagen auch kürzer, bei schlechten mit bis zu 56 Tagen deutlich länger. Mauersegler legen meist 2-3 elliptische weiße, unauffällige Eier in das Nest. Beide Geschlechter beteiligen sich sowohl an Brut als auch anschließender Fütterung der Jungen.

Beim Betteln nach Nahrung sperren die geschlüpften Jungen nicht wie andere Vögel die Schnäbel auf, sondern zupfen am Halsgefieder der Altvögel. Anschließend würgen die Eltern einen ganzen Ballen von Nahrung in die Rachen der Jungen. Eine Besonderheit ergibt sich bei anhaltend schlechtem Wetter. Die Altvögel kehren dann tagelang nicht ins Nest zurück sondern jagen Insekten vor den herannahenden Schlechtwettergebieten. Die Jungen im Nest verfallen dann in den "Torpor", den sogenannten Hungerschlaf. Atemfrequenz und Temperatur werden reduziert, um sowenig Energiereserven wie möglich aufzubrauchen. Dies ist aber nur über einen kürzeren Zeitraum (10-15 Tage) und bei nicht geschwächten Jungtieren möglich. In dieser Zeit wird auch das Wachstum eingestellt.

Nach Beendigung der Nestlingszeit verlassen die Jungvögel das Nest und sind dann sofort selbständig und in der Lage weite Strecken zurückzulegen. Geschlechtsreife bei Mauerseglern tritt erst im Alter von zwei Jahren ein. Erreichen können diese Vögel das stolze Alter von bis zu 20 Jahren.

Gefährdung

Nischen erwünscht

Negative Bestandveränderungen in Deutschland in jüngster Zeit sind bisher nur lokal oder regional durch Brutplatzverluste im Zuge von Sanierungs- oder Baumaßnahmen nachgewiesen worden. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass das Angebot an Nistmöglichkeiten für den Mauersegler zunehmend begrenzt wird. Bei ausbleibendem Bruterfolg ist somit auch der Gesamtbestand in Zukunft gefährdet.

Die Gründe für einen in lokalen Bereichen möglichen negativen Trend sind sicherlich vielschichtig. Gerade menschliche Eingriffe in den Naturhaushalt bzw. sein unmittelbares Umfeld und damit auch in den Lebensraum des Mauerseglers, haben dessen Lebensumstände teilweise schon negativ beeinflusst bzw. können dies in Zukunft tun. Die wichtigsten Aspekte, die den Bestand des Mauerseglers in verstärktem Maße gefährden, sind Gebäudesanierungen, Neubauten mit "glatten" Fassaden ohne Nischen und damit Nistmöglichkeiten für Mauersegler, Vernichtung von Alt- und Totholzbeständen sowie ein verringertes Nahrungsangebot durch Ziergärten.

Lösungsansätze

Erhalt einer naturnahen Landwirtschaft

Nistangebot Mauersegler
Nistangebot Mauersegler

Jeder hat die Möglichkeit durch das Anbringen von Nistmöglichkeiten in seinem unmittelbaren Lebensumfeld oder eine ökologischere Gartennutzung (Verzicht auf Düngemittel, einheimische Pflanzenvielfalt, Verzicht auf Zierpflanzen im Garten) etwas für den Mauersegler zu tun. Denn gerade eine naturnahe Gartengestaltung lockt zahlreiche Insekten an, die wiederum der Jungenaufzucht und der Ernährung des Mauerseglers dienen. Bei Sanierungen an Gebäuden und Fassaden sollten Nischen, die für den Mauersegler als Nistmöglichkeit genutzt werden, erhalten bleiben. Zusätzlich können Nistplätze aber auch in Form künstlicher Nisthilfen geschaffen werden.

Mittlerweile gibt es Nistkästen, die speziell für den Mauersegler entwickelt wurden. Der Nistkasten soll Nischen unter den Dächern ersetzen, die wiederum durch Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen verlorengegangen sind bzw. bei Neubauten völlig fehlen. Ein weiterer Tipp: Lassen Sie sich bei anstehenden Sanierungen an Wohngebäuden von Experten beraten. Zusätzliche Informationen zu Nistkästen für den Mauersegler gibt es beim NABU Ennepe-Ruhr, unserem Bundesverband (www.nabu.de), dem Landesverband unter www.nabu-nrw.de oder unter www.schwegler-natur.de. Wertvolle Tipps rund um den naturnahen Garten zum Wohle des Mauerseglers und anderer Gartenbewohner bieten unter anderem drei Broschüren des NABU: Gartenlust - Für mehr Natur im Garten, Wohnvergnügen - Für mehr Natur am Haus sowie Vögel im Garten - Schützen, helfen und beobachten.

Literatur

Harrisson, Colin O. J.: Jungvögel, Eier und Nester aller Vögel Europas, Nordafrikas und des Mittleren Ostens. Ein Naturführer zur Fortpflanzungsbiologie. Bearbeitet von Dr. Eberhard Herrlinger. Hamburg und Berlin: Verlag Paul Parey 1975;  Jonsson, Lars: Die Vögel Europas und des Mittelmeerraumes. Bearbeitet von Peter H. Barthel. Stuttgart: Franckh-Kosmos 1999.(Kosmos-Naturführer);  NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.): Vogel des Jahres 2003 - Der Mauersegler. Jahresvogelbroschüre. Bonn 2002;  NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.): Vogel des Jahres 2003 - Der Mauersegler. In: NABU - Internet-Homepage: (www.nabu.de). Bonn 2002;  NFG (Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna e. V.: Bauen für den Mauersegler. Information für Naturschützer, Bauträger, Hausbesitzer, Bau- und Umweltbehörden. Faltblatt. Unna 1997;  SAUER, Friedrich: Landvögel. In: Steinbach, Gunter (Hrsg.): Steinbachs Naturführer. München: Mosaik Verlag 1996.